Stadtverordnetenversammlung bleibt analog – eine verpasste Chance
Mit denkbar knapper Mehrheit von nur einer Stimme hat der Ausschuss für Bürgerbeteiligung und Netzpolitik am gestrigen Abend den Vorschlag der FDP-Fraktion abgelehnt, eine digitale Aufzeichnung und Online-Abrufbarkeit der Stadtverordnetenversammlung in Form eines Video-on-Demand-Modells zu erproben. Gegen den Antrag stimmten die Stadtverordneten von CDU, SPD und der Vertreter der Freien Wähler. Der netzpolitische Sprecher der Freien Demokraten, Alexander Winkelmann, zeigt sich entsprechend enttäuscht und kritisiert das Votum der Ausschussmehrheit.
„Leider ist die generelle Rat- und Mutlosigkeit von Konservativen und Sozialdemokraten gegenüber dem Megatrend Digitalisierung auch hier auf kommunaler Ebene sichtbar. Angesichts sinkender Wahlbeteiligungen und steigender Politikverdrossenheit hätte der Ausschuss die Chance ergreifen können, den Bürgerinnen und Bürgern mit Hilfe neuer Medien zu zeigen, worüber ihre Vertreter im Rathaus entscheiden. Das wird nun vorerst nicht geschehen. Überrascht hat mich besonders das Votum der Freien Wähler, welche offensichtlich doch keine Instanz für mehr Bürgernähe sein wollen – zumindest nicht, wenn es um innovative Ansätze und vorzeigbare Ergebnisse geht.“
Im Laufe der Diskussion wurde von einigen Kritikern das Zerrbild einer Plattform für hemmungslose Selbstdarstellung gezeichnet, obwohl der Antrag darauf abzielte, politische Kontroverse und inhaltliche Arbeit transparent und erfahrbar zu machen. Die Freien Demokraten trauen den Bürgerinnen und Bürgern durchaus zu, dies selbst zu bewerten und eigene Schlüsse zu ziehen. Gerade für Menschen, die aufgrund von Arbeit oder Familie besonders eingespannt oder in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, hätte es eine spannende Option sein können, kommunalpolitische Entscheidungsprozesse von ihrem Handy oder Tablet aus zu verfolgen.
Auch der FDP-Stadtverordnete Sebastian Rutten spricht von einer verpassten Chance: „Wir hatten die Gelegenheit das Wiesbadener Stadtparlament in das digitale Zeitalter führen. Leider haben das Union und SPD aus nicht nachvollziehbaren Gründen verhindert. Dass auch die Freien Wähler hier nicht für mehr Transparenz und Bürgernähe stimmten, ist besonders unverständlich. Wir alle wurden dafür gewählt, unsere Haltung auch öffentlich transparent zu präsentieren. Auch wenn Stadtverordnete keine Personen des öffentlichen Lebens sind, sind wir doch freiwillig eine Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit eingegangen.“