Exit-Strategie für die Corona-Krise

08.04.2020

Folgender Gastbeitrag unseres Fraktionsvorsitzenden Christian Diers ist am 07.04. im Wiesbadener Kurier erschienen:

Die Corona-Krise ist für unser Land die größte Herausforderung der Nachkriegszeit. Weder Shopping noch Ausgehen, dafür Homeoffice und Homeschooling: Deutschland schaltet sich ab. Ohne Zweifel sind die vor Kurzem noch unvorstellbaren Maßnahmen derzeit gerechtfertigt. Die Bilder aus Italien, Spanien und anderen Ländern zeigen, wie verheerend Covid-19 ist und wie viel Leid und Trauer die Krankheit über die Menschen bringt.

Auch hierzulande werden nicht unmittelbar von der Krankheit betroffene Familien Leidtragende der weitgehenden Stilllegung des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens. Kurzarbeit und Entlassungen lassen die Einkommen von Familien plötzlich einbrechen, viele Selbstständige und Unternehmer stehen vor dem wirtschaftlichen und finanziellen Abgrund. Auch die sozialen Folgen der Krise sind erheblich: Die auferlegte Isolation lässt die Fälle häuslicher Gewalt steigen und der fehlende Schulunterricht befördert bereits bestehende Bildungsungleichheiten.

Die Politik steht damit vor einer Herkulesaufgabe: Wir müssen evidenzbasierte Strategien entwickeln, wie und wann unser Land verantwortungsbewusst wieder hochgefahren werden kann. Taiwan und Südkorea mit ihrer erfolgreichen Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens müssen unsere Vorbilder sein. Aus ihren Erfolgen (und ihren Fehlern) müssen wir lernen. Dort werden mit konsequentem und datenschutzgerechtem Tracing über mobile Apps sowie Massentests erkrankte Personen schnell gefunden und isoliert.

In naher Zukunft könnten über Tests genesene (und damit immunisierte) Menschen erkannt und wieder in ihr „gewohntes“ Leben entlassen werden. Wissenschaftlicher Fortschritt wird die derzeit bestehenden extremen Beschränkungen Schritt für Schritt entbehrlich machen. Die Politik muss den Kampf der Wissenschaft gegen das Virus stärker fördern und Forschungsdurchbrüche schnell in spürbare Politik umsetzen. Die Tatsache, dass heute nur schwer absehbar ist, wie sich die Situation in den nächsten ein bis zwei Wochen entwickelt, entbindet uns nicht von der Pflicht, darüber nachzudenken, wo unser Land in zwei oder drei Monaten stehen soll. Der von der schwarz-gelben Landesregierung in Nordrhein-Westfalen berufene und mit Medizinern, Juristen, Volkswirten und Sozialforschern besetzte „Expertenrat Corona“ ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Wissenschaft und Medizin werden das Virus früher oder später besiegen. Bis dahin wird es eine Rückkehr aller Menschen zu ihrem gewohnten Leben nicht geben. Zwischen Laissez-faire und dem aktuellen Shutdown gibt es jedoch viele Zwischenstufen. Diese muss die Politik ebenso verantwortungsbewusst wie beherzt nutzen. Denn wenn wir es nicht schaffen, den Menschen ein Mindestmaß an Normalität zurückzugeben, werden die wirtschaftlichen und sozialen Schäden kaum noch rückgängig zu machen sein.